Ausdauer Endurance 2017

Wer sich demnächst einen Termin in seiner Vertragswerkstätte geben lässt, weil sein fahrbarer Untersatz irgendwo ein kleines Geräusch von sich gibt, oder wer verunsichert ist, weil das Schraubenschlüsselsymbol nach jedem Start zur Inspektion auffordert, oder jemand die kleinen Kratzer vom Einparken stören, der hat in Fuglau die Möglichkeit, seine Einstellung zu Fahrzeugen grundlegend zu überdenken, indem er einige Stunden am Nordring verbringt.

Diagnosecomputer zum Auslesen von Fehlern wird man dort auch in den nächsten Jahren wohl nicht benötigen, um vorwärts zu kommen.

Noch intensiver und aussagekräftiger ist zweifelsohne nur die aktive Teilnahme, in einem der zahlreichen Teams.

Dies hat auch eine Abordnung unserer Sektion, bestehend aus fünf abenteuerlustigen Männern (= „richtige Männer, keine Warmduscher“!) 2017 wissen wollen. Denn Videos ansehen, oder sich Erlebnisse rund um diese legendäre Veranstaltung bei Kaffee und Kuchen erzählen zu lassen, war keine Option für uns.

Natürlich haben auch wir uns im Vorfeld ein wenig (wahrscheinlich doch etwas zu wenig, wie wir erfahren mussten) informiert, bevor einer von uns mit den Vorbereitungen am Fahrzeug im Sommer 2016 begann. Das Auto war ein Citroen BX 1.9 TRI, Baujahr 1989 mit 109 PS, in unschuldigem Weiß gehalten. So ein BX hat den Ruf ein sehr solides und zuverlässiges, aber auch technisch anspruchsvolles Modell zu sein.

Nachdem wir gemeinsam im Frühjahr – nach einer einzigen Testfahrt – uns Zeit für das Design nahmen, wurde in den Tagen vor dem Rennen intensiv die Ausrüstung zusammengetragen und in drei Fahrzeugen samt Anhänger verstaut.

Der Ort des Geschehens „ Fuglau“ liegt ca. 10 km westlich von Horn im Waldviertel. Das Veranstaltungsgelände befindet sich in dünn besiedeltem Gebiet und die Rundstrecke ist eine Art Rallyecross-Piste, deren Untergrund aus einer Mischung von Asphalt, Schotter und Erde besteht. Wegen der Staubentwicklung wird bei trockenem Wetter der Kurs stündlich von einen Tankfahrzeug bewässert.

Unseren Servicestützpunkt bekamen wir zentral nahe der Einfahrt vom Organisator zugewiesen. So waren wir mitten im Geschehen und hatten alle anderen Teilnehmer gut unter Beobachtung. Der Aufbau unseres Zeltes ging rasch vor sich, sodass unser BX um 15.00 Uhr zusammen mit den anderen Boliden am Start stand. Kurzfristig mussten wir noch entsprechend lange Abschleppgurte am Auto anbringen, die, wie sich in den nächsten Stunden zeigen sollte, nicht der Zierde dienen sollten.

Nach geglücktem „LeMans“-Start um Punkt 16.00 Uhr rauschte das Feld in die erste Kurve, wo manch einer seinen Konkurrenten näher kam, als ihm lieb war. Das Anfangstempo war derart hoch, dass schon nach den ersten Minuten einige das Fahrerlager mit Problemen verschiedenster Art aufsuchten.

Auch wir mussten nach einer Dreiviertelstunde den ersten Reifen wechseln. Zwischenzeitlich hatte sich das Feld gleichmäßig am Ring verteilt, die Geschwindigkeit sich eingependelt und viele haben  erkannt, dass es völlig irrelevant ist an die Grenzen zu gehen, da die meiste Zeit beim Reparieren anfällt und jene Fahrer hier wertvolle Meter gutmachen, die etwas mehr Abstand zum Anderen lassen und so Ihr Fahrzeug schonen.

Geplant hatten wir, dass der Fahrerwechsel im Stundentakt durchgeführt und das Fahrzeug durchgecheckt (Ölstand, Kühlwasser, Luftfilter ausblasen, Reifendruck, Scheibenreinigung, …) werden soll. Wie so oft sind Theorie und Praxis weiter entfernt als man glauben möchte und einen Plan zu haben ist wichtig, noch viel wichtiger ist es aber, improvisieren zu können.

Den nächsten Schaden hatte unser dritter Fahrer, der nach kurzer Zeit nicht mehr schalten konnte. Der BX wurde von der Strecke geschleppt und das Problem provisorisch – wie so vieles andere auch – bestmöglich behoben. Bei diesem Stopp spannten wir auch gleich die quietschenden Keilriemen und es ging weiter.

Unser vierter Fahrer war es dann, der die leidvolle Erfahrung machte, dass die schönste Zeit oft auch eine sehr kurze sein kann. Nach einem Stopp entdeckten wir, dass unser BX beim Zurückschieben eine große Öllache hinterließ. So konnten wir natürlich nicht auf die Strecke. Irgendetwas Größeres war unserem Franzosen schlecht bekommen. Eine zerknitterte Ölwanne, ein undichter Ölablassschrauben und ein gebrochener Ölansaugstutzen bedeuteten das vorzeitige Aus.

Den Rest des Abends verbrachten wir damit, das Geschehen am Ring und vor allen im Fahrerlager mit zu verfolgen. In regelmäßigen Abständen wurden Wracks vom Streckendienst zu den professionell ausgerüsteten „Freiluftwerkstätten“ angeschleppt. Hier fehlten mitunter Räder samt Aufhängungen, hingen Hecks bis zum Boden, waren Scheinwerfer eingeschlagen und Fahrer krochen auf allen vieren heraus.

Welche Leistungen von Mannschaften hier vollbracht werden, kann man dann erahnen, wenn genau diese Autos Stunden später wieder im Rennen sind und bis zum Schluss durchhalten. Solange vier Räder am Auto sind und der Motor sich dreht, wird gefahren, Respekt! An dieser Stelle, schöne Grüße nach Afrika! Aber, ein Albtraum für jeden KFZ-Meister und TÜV-Prüfer.

Das wir mit ca. 170 gefahrenen Kilometern Rang 55 im offiziellen Endklassement belegten, dient rein der Statistik, oder als Nachweis, dass wir auch wirklich einige Runden gefahren sind.

Ob uns der Nordring nochmals sehen wird, dafür wäre es zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht, eine Aussage zu treffen. Faktum ist aber, dass all jene, die motorsportlich eine nicht alltägliche Herausforderung suchen, in Fuglau genau richtig sind. Dort, wo Teamgeist und Zusammenhalt genauso wichtig sind, wie ein gut vorbereitetes Fahrzeug.

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Roland Dicketmüller