Schmerzt der Rücken, der Nacken oder ein Gelenk, sind nicht immer Muskeln, Gelenke, Sehnen oder Knochen schuld. Oft liegt die Ursache des Problems in schadhaften Faszien. Unser Lebensstil kann die Faszien schädigen und Schmerzen verursachen, aber auch das Problem wieder lösen.
Unter Faszien versteht man ein körperweites Netzwerk dünner Bindegewebsschichten. Sie befinden sich direkt unter dem Unterhautfettgewebe und umhüllen Muskeln, Organe, Blutgefäße, Gelenke und Knochen. Faszien bezeichnet man auch als Silberhaut, weil sie weiß bis silbern aussieht (so wie man sie oft auf einem rohen Stück Fleisch sieht).
Kein totes Material
Erkannte man in früheren Zeiten kaum Sinn in dem weißen, zarten Gewebe, so weiß man heute, dass es wertvolle Funktionen erfüllt. Es hält die inneren Organe an ihrem Platz und verleiht ihnen Halt. Es umhüllt die Muskeln und ermöglicht ihnen dadurch ein reibungsloses Gleiten. Auch die Kraftübertragung wird durch die Faszien gewährleistet.
Wie Schmerzen entstehen
Gesunde Faszien schwingen und gleiten in eiklarartiger Flüssigkeit. Erleiden Faszien einen Schaden, indem sie mangels Bewegung verkleben oder durch Überbeanspruchung in Mitleidenschaft gezogen werden, entsteht ein Entzündungsprozess. Durch die Entzündung wächst das Bindegewebe und es verwächst auch mit der Umgebung. Entsteht dann durch eine Bewegung ein Zug auf die eingewachsenen Faszien, schmerzt dieser Vorgang, da viele Nerven in den Faszien enden. „Die Schmerzen entstehen auch dadurch, dass die Faszien nicht mehr frei gleiten können. Bei dauerhaften Problemen wachsen Faszien sogar in glatte Muskelfasern ein, wodurch der Schmerz verstärkt wird“, erklärt Dr. Peter Brunner, Allgemein-und Sportmediziner mit Ordination in Linz und Experte für Faszien.
Faszienschmerzen erkennen
Faszienschmerzen werden meist als ziehend, brennend oder schneidend beschrieben. Treten die Schmerzen in der Nähe von Gelenken auf, werden sie oft als stechend empfunden. Die Schmerzen können in allen Körperregionen auftreten, Hotspots sind die Lendenwirbelsäule, der Nacken und der Bereich des Sprunggelenks bzw. der Achillessehne. Faszienschmerzen treten meist Hand in Hand mit Muskelschmerzen auf und können von diesen auch vom Fachmann oft nicht unterschieden werden.
Da Faszien die Bestandteile des Körpers nicht nur umhüllen, sondern auch verbinden, können die Schmerzen an anderer Stelle als dort, wo sie verursacht werden, auftreten. Knickt zum Beispiel der Fuß um, kann das Knie schmerzen, da die Spannung im Gewebe über die Faszien vom Fuß über den Unterschenkel bis ins Knie geleitet wird.
Werden Faszienschmerzen über Monate oder Jahre ignoriert, chronifizieren sie. Um das zu vermeiden, sollte man nicht lange zuwarten, sondern etwas gegen seine Schmerzen unternehmen.
Ursachen und Auslöser
Verursacht und verstärkt werden Schmerzen in den Faszien auf verschiedene Weise, oft spielen mehrere der folgenden Faktoren zusammen eine Rolle:
- Überlastung: Bei Schmerzen in den Gelenken liegt häufig eine Überlastung des Bewegungsapparates inklusive der Faszien vor.
- Wenig Bewegung, statische Körperhaltung: Ein typisches Beispiel ist die Arbeit am Computer. Wer stundenlang in gleicher Haltung sitzend verharrt, belastet auch immer die gleichen Stellen im Körper. Werden Faszien nicht regelmäßig bewegt, dann verkleben und schmerzen sie.
- Übersäuerung des Gewebes.
Übersäuerung des Gewebes
Die Faszien verlieren in einem übersäuerten Körpermilieu ihre Elastizität. Die Säure reizt zudem das Gewebe, wodurch Entzündungen entstehen können. Auch die in den Faszien liegenden Nerven werden durch zu viel Säure gereizt, wodurch diffuse Schmerzen entstehen.
Eine Übersäuerung des Gewebes ist das Resultat eines schlechten Lebensstils. Folgende Faktoren führen zu einer Übersäuerung:
Ernährung: Stark säurebildend sind Fleisch, Wurst, Fisch, Eier und Käse. „Langfristige Fehlernährung führt zu einer Übersäuerung des Gewebes, es versulzt sozusagen“, sagt Dr. Brunner. Alkohol ist ebenfalls säurebildend und sollte daher nur in Maßen genossen werden.
Bewegungsarmut: Regelmäßige Bewegung hält die Faszien in Schuss. Wer rastet, der rostet – dieses Sprichwort trifft auf die Faszien durchaus zu. Ohne Bewegung verkleben, verfilzen und verdicken Faszien und bereiten Schmerzen.
Stress: Stress führt einerseits zu einem erhöhten Muskeltonus, der seinerseits schmerzhafte Verspannungen auslösen kann. Stress führt andererseits zu schmerzhaften Spannungen in den Faszien. Stress trägt zudem direkt zu einer Übersäuerung des Gewebes bei.
„Besonders schlimm im Sinn eines erhöhten Schmerzrisikos ist die Kombination von Stress, säurebildendem Essen und wenig Bewegung. Diese Faktoren führen dazu, dass dem Bindegewebe die Beweglichkeit verloren geht. Es ist dann oft nur eine Frage der Zeit, bis Rücken, Schultern oder Nacken zu schmerzen beginnen“, sagt Dr. Brunner.
Vorbeugung
Vorbeugung bedeutet nichts anderes, als die Risikofaktoren auszuschalten oder diese wenigstens zu minimieren:
Vielfältige Bewegung: Jede Sportart, in der man dynamische Bewegungen ausführt, ist hilfreich. Auch Tanzen und Trampolinspringen ist sehr gut. Immer wieder wird auch Yoga als hilfreich genannt.
Faszientraining: Man kann auch gezielt die Faszien trainieren, indem man dynamische Schwingübungen durchführt. „Drei bis vier Mal eine Viertelstunde pro Woche bringt eine Menge. Man merkt die Ergebnisse sehr schnell, denn die Bewegungen werden wieder flüssiger“, sagt Dr. Brunner.
Übungsbeispiele: Arme kreisen und schwingen lassen, ein Bein vor und zurück schwingen, hüpfen, springen, tänzeln wie ein Boxer, Seilspringen. Die Arme hinter den Kopf strecken, den Rücken durchstrecken und die Arme dann wieder nach vorne durchschwingen.
Viel Wasser trinken: Optimal sind zwei bis drei Liter Wasser pro Tag. Hände weg von gesüßten Getränken, denn Zucker ist säurebildend.
Basenreich ernähren: Eine überwiegend basische Ernährung wird empfohlen. Dazu zählen Gemüse, Obst, Pilze, Kartoffel, Keime, Sprossen, Kräuter, Salat. Auch die Einnahme von Basenpulver kann helfen, wenn man es lange genug einnimmt. Jedoch ist es langfristig sinnvoller (und billiger), seine Ernährung umzustellen.
Therapie
Alle Maßnahmen, die der Vorbeugung dienen, dienen auch der Therapie. Zusätzlich kann man mit Faszien-Rollen (feste Schaumstoffrollen) trainieren, diese walken die Faszien durch, lockern das Gewebe auf und mobilisieren verhärtete Stellen. Indem man sich selbst zum Beispiel in Rückenlage sehr langsam über die Rolle schiebt, massiert man sich quasi selbst die Faszien im Rückenbereich.
Faszienrollen helfen aber nur bei leichteren Problemen. Bei dauerhaften oder immer wiederkehrenden Schmerzen helfen in vielen Fällen manuelle Therapien (zum Beispiel myofasciale Techniken) „Eine solche Therapie ist für den Patienten mitunter ziemlich schmerzhaft, da mit den Händen die Verklebungen gelockert und aufgebrochen werden. Manuelle Therapien findet man bei geschulten Physiotherapeuten, Ärzten und Heilmasseuren, wobei verschiedenen Techniken zur Verfügung stehen. Das Angebot solcher Therapien hält sich aber in Grenzen, denn die Durchführung ist für den ausführenden Arzt oder Therapeuten sehr kräfteraubend“, sagt Dr. Brunner.
Ein Bericht aus dem Internetmagazin „Forum Gesundheit“ von Dr. Thomas Hartl.