Genuss und Training sind kein Widerspruch. Sport bedeutet nicht, dass man sich quälen muss. Im Gegenteil: Körperliche Aktivität kann Freude machen, ein sinnliches Erlebnis sein. Im Folgenden finden Sie Anregungen wie es gelingen kann, freudig in Bewegung zu kommen.
Leben mit dem Schweinehund
Sport ist gesund. Weiß man. Unser Rostschutzmittel heißt Bewegung*. Weiß man. Die meisten Menschen wissen um den gesundheitlichen Benefit von Bewegung und Sport, sie wissen um die Vorteile für Figur und Gewicht und sie wissen oder vermuten, dass man sich fit besser fühlen würde – doch dieses Wissen reicht oft nicht aus, um ins Handeln zu kommen. Eine Hürde, die einem vom Handeln abhält, nennt man umgangssprachlich den inneren Schweinehund.
Vom Sollen ins Wollen
Wie überwindet man diese innere Hürde? „Zuerst im Kopf, dann mit den Beinen. Als erstes ist die Einstellung das Um und Auf. Will ich das wirklich oder soll ich das wollen? Wenn ich es schaffe, vom Sollen zum Wollen zu kommen, dann mache ich es auch“, sagt Mag. Christina Lechner, Sportpsychologin in Wien.
Motive sind entscheidend
Das Motiv ist entscheidend, das Warum. Aus welchem Grund soll man sich überwinden und in Bewegung kommen? Ein Beispiel für ein schwaches Motiv ist „Sport ist gesund“. Das weiß jeder, bringt aber fast niemanden dazu, ihn tatsächlich auszuüben. Bekommt man so eine Aussage gar aufgedrängt, löst das Widerstand aus und bewirkt, dass man ihn sicher nicht ausübt. Generell gilt: Hinter Sport soll nie ein Müssen stehen. Wer dazu angehalten wird, sich endlich zu bewegen, wird es gar nicht oder zumindest lustlos tun und es bald wieder sein lassen.
Ein persönliches Motiv ist stärker als ein allgemeines. Beispiele: Ich bin gern mit der besten Freundin beisammen, um mit ihr zu plaudern. Bestens eignet sich hier z.B. eine Runde Nordic Walken. Oder: Drei Kilo abnehmen, damit mir das neue Kleid passt. Oder: Den Cholesterinspiegel senken, um auf Medikamente verzichten zu können. Das beste Motiv: Immer wieder das gute Gefühl spüren wollen, das durch die Bewegung und den Lieblingssport ausgelöst wird. „Wer diese Wohlfühlmomente nach und nach abspeichert, kommt in eine positive Motivationsspirale. Das ist der Idealfall, der aber für jeden erreichbar ist“, sagt Lechner.
Ein Blick zurück
Um sich die Sache zu erleichtern, gilt es zu überlegen, welche Aktivitäten einem Vergnügen bereiten könnte. Fällt einem nichts ein, kann man sich an die Kindheit erinnern: Was machte damals so richtig Spaß? Im See schwimmen? Fußball spielen? Reiten? Es lohnt sich daran zu erinnern, wie gut man sich dabei gefühlt hat, wie fit man war und wieviel Freude das gemacht hat. Lechner: „Andererseits sollte man natürlich nichts machen, was damals schon Widerwillen erzeugt hat. Erinnert man sich mit einem unguten Gefühl an Bergwanderungen mit den Eltern, dann lässt man die Wanderschuhe wahrscheinlich auch jetzt besser im Schrank und versucht es erstmals mit etwas anderem.“
Vorfreude – Kopfkino anwerfen
Oder man startet positive Zukunftsprojektionen, malt sich etwa bei der Fahrt in die Arbeit aus, wieviel Spaß es machen wird, später in die Kletterhallte zu gehen und hochzusteigen. Lechner: „Man baut sich also kleine und feine Luftschlösser. Wenn man sich die Freude als Kopfkino schon während der Arbeit vorstellt, dann fiebert man daraufhin und es bereitet keine Überwindung mehr, selbst am Abend die Sportschuhe zu schnüren.“
Auch Kopfkino kann Emotionen auslösen, die den Unterschied bewirken, ob man die Schuhe schnürt oder auf dem Sofa sitzen bleibt. Wenn man sich die guten Gefühle klarmacht, die einem durch das Tennis spielen, das Klettern, das Walken in der Gruppe etc. erwarten und sich nicht an den zu laufenden Kilometern orientiert, dann ist man auf dem richten Weg.
Tipps, die Bewegung und Training erleichtern können:
Ausrede von der Ausrede
Die Begründungen, warum man sich nicht bewegen will, sind vielfältig und wohlbekannt: Man ist zu müde, hat keine Zeit, einfach keine Lust; man denkt sich, dass es ohnehin nichts bringt, weil man eben nicht der sportliche Typ ist; das Wetter ist zu kalt oder zu warm etc. „Wenn man solche Ausreden als Ausreden erkennt, dann kann man doch auch eine Ausrede von der Ausrede erschaffen und sich fragen, warum man jetzt ausnahmsweise doch das Sofa verlassen und die Sportschuhe anziehen könnte“, sagt Lechner.
Abwechslung
Dreht man seit Jahren die gleiche Runde, kann das natürlich langweilig werden. Warum nicht mal etwas ganz anderes ausprobieren, etwas das Spaß machen könnte, wovor man bisher aber zurückgeschreckt ist? Tanzen, Zumba, was auch immer, es gibt tausend Möglichkeiten, sich zu erproben, was einem Spaß machen könnte. „Wer aus gesundheitlichen Gründen Bedenken hat und nichts falsch machen möchte, kann sich für ein paar wenige Stunden einen Trainer engagieren, das kostet nicht die Welt. Ebenso kann man sich von einem Sportpsychologen coachen lassen und mit dessen Tipps in ein freudiges und bewegtes Leben durchstarten“, so Lechner.
Termine eintragen
Man kann sich die Zeiten, in denen man trainieren möchte, im Kalender eintragen und sie wie Arbeitstermine sehen, die man eben einfach macht, weil sie im Kalender stehen. Ähnlich einem Kalender funktionieren Apps und andere technische Spielereien. „Für den Anfang sind solche selbstauferlegten Zwangsmaßnahmen in Ordnung. Ein Smilie oder Ähnliches neben den eingetragenen Terminen erleichtert so manchem die Sache. Langfristig sollte man allerdings wegkommen vom Muss und die Sache wirklich wollen“, erklärt Lechner.
Sich richtig belohnen
Oft wird geraten, sich nach dem Training zu belohnen, etwa mit einem guten Essen oder einem Stück Schokolade, einem kleinen Bier als Ausgleich für die geleistete „Arbeit“. Die Sportpsychologin rät davon ab. „Diese Belohnungsmasche beinhaltet eine mentale Falle, denn es wertet den Akt und das Erlebnis der Bewegung ab. Zudem besteht die Gefahr, dass man dann von der Belohnung abhängig wird, indem sie im Kopf zur festen Gewohnheit wird, als zum Sport gehörig. Die Belohnung sollte das gute Gefühl während des Sports und danach sein.“
Rituale
Kleine Rituale können helfen, sich erst gar nicht lange zu fragen, ob man jetzt vielleicht doch keine Lust hat. Beispiel: Sich sehr bewusst seine Sportkleidung anziehen, eine Siegerpose machen, seine Turnschuhe schnüren oder die Lieblingsmusik zum Laufen aussuchen.
Kleine Tricks
Ein Trick, seine Unlust zu überwinden ist, sich zu sagen: „Ich mache jetzt nur fünf Minuten Sport, dann höre ich wieder auf, weil Lust habe ich heute keine.“ Wenn man jedoch erst einmal angefangen hat, merkt man meist sehr schnell, wie gut es einem tut und will dann nicht mehr aufhören. Dasselbe gilt, wenn man so tut, also würde man jetzt gerne loslaufen. So tun als ob kann einen in den Modus bringen, dass man bald wirklich Freude verspürt und wirklich gern weitermacht. „Ab und zu sind solche kleinen Tricks in Ordnung. Sind sie aber ständig nötig, dann sollte man sich überlegen und nötigenfalls beraten lassen, was man vielleicht anders machen kann“, rät Lechner.
Fazit
Eine positive Einstellung und der wiederholt und bewusst erlebte Genuss an der Bewegung sind das Tor zu einem bewegten Alltag, der auch Freude bringt.
Ein Bericht aus dem Internetmagazin „FORUM GESUNDHEIT“ von Dr. Thomas Hartl